Was sind Vollformatkameras? Als man früher noch mit Film fotografiert hat, war das häufigste Filmformat der Kleinbildfilm. 24×36 mm sind seine Abmessungen. Die bekannten Spiegelreflexmarken von Canon, Nikon, Minolte, Pentax … waren auf dieses Filmformat abgestimmt. Logischerweise wurden auch die Objektive dafür abgestimmt. Bildfeldkreis und andere optische Dinge sind auf diese Aufnahmefläche optimiert worden.
Als die ersten digitalen Spiegelreflexkameras auf dem Markt kamen hatten die meisten ein kleineres Aufnahmemedium. Das war günstiger und für viele Hobbyfotografen noch bezahlbar. Dadurch hat sich bei vielen Herstellern auch die Film bzw. Chip-Diagonale verringert. Das hat Vor- und Nachteile. Auf die gehe ich hier aber nicht näher ein. Die heutigen Vorteile einer Vollformatkamera sind gleichzeitig die Nachteile der Kameras mit kleinerem Aufnahmechip.
Vereinzelt kamen die ersten Vollformat-Digital-Kameras auf den Markt. Zu Beginn um ein vielfaches teuerer als die Kameras mit kleineren Aufnahmechip. Inzwischen sind Vollformatkameras erschwinglicher geworden. Dennoch immer noch teurer. Mehr Chip bedeutet auch mehr Kosten. Die Einsteiger-Modelle bekommt man neu derzeit ab ca. 1500€ (Stand 9/2014). Die Preise können aber durchaus mehrere tausend Euro betragen. Je nach Auflösung und beinhalteter Technik.
Ich habe in den letzten zehn Jahren ohne Vollformat fotografiert. Als fotografierender Oldie bin ich zwar noch das Kleinbildformat gewohnt, aber die Kameras erschienen mir immer viel zu teuer. In diesem Jahr habe ich mir dann doch eine gekauft. Nun fühle ich mich fotografisch um über 10 Jahre in die Vergangenheit zurück versetzt. Die Objektive stellen nun Motive wieder so dar wie früher.
Der Laie wird sich nun wundern.
Keine Angst. Die Lösung kommt sogleich.
Vorteil #1 Vollformatkamera: geringeres Bildrauschen
In den Anfängen war das Bildrauschen beim Vollformat oft höher! Ein größerer Aufnahmechip entwickelt mehr Hitze. Diese führt zu höherem Rauschverhalten des Chips!
Bei den heutigen Aufnahme-Chips wurde dieser Schwachpunkt stark verbessert. Es werden größere Aufnahmedioden eingesetzt. Und durch verbesserte Prozessoren ist die Hitzeentwicklung des Aufnahmechips stark reduziert worden. Inzwischen haben die aktuellen Vollformatkameras alle ein geringeres Rauschverhalten als ihre Brüder und Schwestern mit kleinerem Chip.
Meist macht dies zwar nur ein bis zwei Lichtwerte aus. So wird es zumindest in vielen Fotografie-Foren berichtet und der Vorteil nur als geringfügig dargestellt. Ich habe da in der Praxis andere Erfahrungen. Mit meiner Nikon D300 und D7000 mit kleinem Aufnahmechip wurden maximal mit 200 ISO die Fotos von Bildagenturen akzeptiert. Ab 400 ISO war das Bildrauschen zwar gering. Die meisten Bildagenturen haben diese Fotos dennoch wegen technischer Mängel abgelehnt. Bei der D7000 habe ich fast nur 100 ISO genutzt, da bereits bei 200 ISO leichtes Bildrauschen erkennbar ist. Das liegt an der höheren Auflösung als bei der D300. Wie man sieht ist eine höhere Auflösung nicht immer besser.
Zum testen habe ich mit meiner neuen Vollformat-Nikon D610 im Restaurant mein bestelltes Essen mit ISO 1000 fotografiert. Ein Foto davon habe ich bei einigen Bildagenturen hochgeladen. Ich war erstaunt. Alle haben das Foto akzeptiert! Auch die sehr peniblen Bildagenturen in Nordamerika.
Braucht man geringeres Bildrauschen?
Das muß jeder für sich selber entscheiden. Für mich eröffnet es weitere Motivbereiche. Ich kann damit auch Stilllife-Fotos vor Ort machen. Ich kann damit öfter ohne Stativ verwacklungsfrei fotografieren. Ich brauche nicht gleich einen Blitz der die Lichtatmosphäre beeinträchtigen würde. Für mich ist das geringere Bildrauschen ein großer Vorteil
Vorteil #2 Vollformatkamera: Knackigere Schärfe
Da die Aufnahmefläche größer ist sind die Bildpixel meist auch größer. In größere Pixel passen mehr Informationen. Das bedeutet auch einen sichtbar höheren Schärfeeindruck. Voraussetzung sind allerdings hochauflösende Objektive.
Zum einen müssen die Objektive eine großen Bildfeldkreis haben um die größere Aufnahmefläche ohne Bildfehler ausleuchten zu können. Zum anderen müßen sie hochauflösend sein um mehr Bildinformationen auf den Vollformat-Chip bringen zu können.
Ich wollte den Unterschied am Anfang nicht glauben. Nachdem ich die ersten Fotos auf dem Bildschirm sah, dachte ich es handelt sich um dreidimensionale Fotos. Durch die knackige Schärfe wirken manche Fotos wie dreidimensional. Die auf den Punkt gebrachte Schärfe verleiht dem Foto Tiefe.
Vorteil #3 Vollformatkamera: Mehr Tonwertumfang
Aus dem gleichen Grund wie bei der knackigeren Schärfe haben Vollformatkameras einen höheren Tonwertumfang. Größere Pixel können mehr Informationen aufnehmen. Farben sind natürlicher. Schatten haben eine feinere differenzierte Durchzeichnung. Genauso die Lichter. Bei einer Weiterverarbeitung oder Bildbearbeitung hat man qualitativ mehr Reserven und kann mehr aus einem Bild herausholen.
Vorteil #4 Vollformatkamera: Besseres Freistellen durch geringere Schärfentiefe
Was der Fotolaie als Nachteil empfindet, sehen viele Berufsfotografen als Vorteil an. Von der Modefotografie bis zur Sportfotografie werden häufig Motive vom Hintergrund freigestellt.
Mit einer Vollformatkamera geht das leichter, da die Schärfentiefe geringer ist. Das erfordert allerdings auch exaktes Arbeiten. Benötigt wird eine Brennweite ab 50m aufwärts, am besten mit hoher Lichtstärke. Je höher die Brennweite ist, desto einfach kann man ein Motiv freistellen.
Solche Fotos heben sich meist von der Masse deutlich ab. Durch das Freistellen eines Motives wird der Hintergrund in Unschärfe aufgelöst und es gibt somit keine störende Elemente, welche vom Motiv ablenken könnten.
Wann sollte man sich eine Vollformatkamera kaufen?
Der große Nachteil bei Vollformatkameras ist der höhere Preis. Nicht nur die Kamera ist spürbar teurer. Es werden auch hochauflösende Objektive mit großen Bildfeldkreis benötigt. Und die bekommt man meist nur in der oberen Preisklasse.
Das Vollformat lohnt sich für Fotografen die damit ihr Geld verdienen und die obigen Vorteile zum Teil oder vollem Umfang nutzen müssen.
Und für Hobbyfotografen? Wenn man das Geld übrig hat, kann es auch gerne eine Vollformatkamera. Wenn man das maximale an Qualität aus seinen Bildern heraus holen möchte, ist das Vollformat ein mögliche Option.
Kameras liegen zwischen 1500 – 6000 €. Objektive gibt es bei den Festbrennweiten ab 500 € aufwärts. Hohe Lichtstärken fangen meist ab 1000 € aufwärts an. Lichtstarke Zoom-Objektive sind schnell bei 1500 – 3000 €. Ein lichtstarkes Standard-50er bekommt man neu, je nach Hersteller, ab ca. 200 €. Bei einer vielseitigen Grundausrüstung liegt man schnell bei 5000 – 10.000 €. Nach oben hin noch locker steigerbar 😉
Wenn man schon für das Vollformat taugliche Objektive hat, ist der Umstieg sicherlich auch eine Option. Ich arbeite mit beiden Systemen. Mmh. Nicht wirklich. Seit ich Vollformat habe, dient die D7000 nur noch als Zweitkamera für Notfälle. Die Qualitätsreserven beim Vollformat sind einfach größer. Bei der Nachbearbeitung habe ich größeren Spielraum. Ich kann mehr aus den Bildern heraus holen.
Wer nur hin und wieder Urlaubs- und Familienfotos macht, wird keine Vollformatkamera benötigen. Höherer Preis und größeres Gewicht von Kamera und Objektiven werden von Urlaubsfotografen meist als unangenehm empfunden.
Wenn man sein Geld mit Fotos verdient oder die maximale Qualität aus seinen Bildern holen möchte, kann das Vollformat die erste Wahl sein.